K U L T U R F A B R I K

WINTERTHUR - DEUTWEG


STÄDTEBAULICHES UMFELD UND GESCHICHTE

Das Umfeld des Quartiers Deutweg in Winterthur ist geprägt durch grosse Strassenräume und eine homogene Bebauung mit Wohnhäusern. Dazwischen liegt direkt an der Tösstalstrasse das Areal des ehemaligen Busdepots Deutweg, erbaut in Etappen ab 1914 als städtisches Tramdepot. Rechtwinklig dazu angeordnet definiert das 1961 von Architekt Adolf Kellermüller erbaute Bürogebäude einen grosszügigen Platz. Seit 2015 der Betrieb von Stadtbus Winterthur umgezogen ist, stehen die Depothallen sowie das Bürogebäude zur Umnutzung bereit. 2016 wurden die sogenannte «Urhalle» von 1914, das Bürogebäude und der grosszügige Vorplatz als schutzwürdig eingestuft. Mit dem Szenario «Kulturfabrik» soll nun ein erster Schritt für die Umnutzung des Areals manifestiert werden. Die neue Nutzung wird als hohe Aufstockung des Bürogebäudes im Stadtraum sichtbar und markiert einen neuen Mittelpunkt für das Quartier.

 

ARCHITEKTONISCHE LEITIDEE

Aus der Vorgabe für ein öffentliches Haus mit kultureller Nutzung entwickelte sich die Vorstellung einer transparenten, sichtbaren Formensprache. Die Schaffung eines über alle Geschosse offenen Raumes mit einer Kaskadentreppe diente als Leitidee für den Entwurf.

 

GRUNDRISS UND INNENRAUM

 

Über das mit Glasbausteinen beleuchtete Treppenhaus des Bürogebäudes von 1961 gelangt man in das 3. Obergeschoss, wo die eindrücklichen Kaskadentreppen der viergeschossigen Aufstockung sichtbar werden. Das Thema einer hell beleuchteten Treppenanlage kann mit der offenen Erschliessungsstruktur der Kaskadentreppen und einer vollflächigen Fassadenverglasung wieder aufgegriffen werden. Im 3. und 4. Obergeschoss liegen kleinere und mittlere Versammlungs-räume, in den darüber liegenden Geschossen sind die Räume grösser dimensioniert und finden im 6. Obergeschoss mit dem «Grande Salle» ihre Abschluss. Ebenfalls zuoberst befindet sich das öffentlich zugängliche Café mit Weitblick als Krönung.

 

TRAGWERK

Das Tragwerk ist als einseitig gerichtetes System mit neun Querachsen konzipiert. Die Stützen mit den darauf aufliegenden Trägern aus Brettschichtholz überspannen das Gebäude jeweils in Querrichtung und bilden eine Aufreihung von Rahmenbindern, welche im Innenraum sichtbar bleiben. Um mit der zusätzlichen Last der Aufstockung die bestehenden Aussenwände nicht zu überlasten, sind die neuen Stützen entlang der Fassade geführt, um eine direkte Kraftübertragung zum Boden gewährleisten zu können. Bei den sich über die vier Stockwerke erstreckenden Kaskadentreppen reduzieren sich die Spannweiten dieser Rahmen, um einen grosszügigen, vertikalen Erschliessungsraum zu ermöglichen. Der Lastabtrag erfolgt dort über die Korridorwand im bestehenden Gebäude. Rahmenwände übernehmen die Aussteifung in Längsrichtung. Die beiden Treppenläufe werden jeweils über eine selbst-tragende, massive Holzwangenkonstruktion aus Brettschichtholz zwischen die aus Lignatur-Elementen gefügten Geschossdecken gespannt.

 

FASSADE UND MATERIALISIERUNG

Das statische System mit Stützen und auskragenden Deckenplatten bleibt in der Fassade ablesbar und ergibt eine tektonische Logik mit einer gewissen Strenge. Mit dem zufällig wirkenden Spiel der Öffnungen gelangt eine Auflockerung in den architektonischen Ausdruck, welche durch die variierenden Geschosshöhen unterstützt wird. Zwischen die Stützen spannen sich Wandfüllungen, welche mit einem goldbronzenen Blech verkleidet sind. Mit einer Kupfer-Aluminium-Legierung (TECU ® Gold, Firma KME) mattiert dieses und entwickelt sich zu einer goldbraunen Oberfläche. Die Öffnungen bilden ein Wechselspiel von raumhohen, stehenden Fenstern sowie liegenden Bandfenstern. Die raumhohen Fenster rhythmisieren zusätzlich mit ihrer Lage im Grundriss, jene in Erschliessungsflächen sind an den Stützen aussen an-geschlagen, jene in geschlossenen Räumen innen. Mit einem kreis-förmigen Fenster - dem Bullauge - erhält die Stirnfassade zur Tösstal-strasse ein markantes Erscheinungsbild, welches aufgrund der Reminiszenz an die Zwinglikirche die Verortung im Quartier stärkt. Die gesamte Materialisierung unterstreicht die neue Nutzung als «Kulturfabrik» in einem städtischen Umfeld.

 

Art

Neubau / Entwurf

 

Jahr

Studie 2019

 

Auftraggeber

Semesterarbeit FS2019

Architekturstudium ZHAW